Pflichtteil durchsetzen Rechte von Enterbten einfach erklärt

Pflichtteil: Rechte von Enterbten richtig durchsetzen

Wer im Testament nicht bedacht wurde, geht nicht leer aus: Nahe Angehörige haben Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser umfassende Leitfaden erklärt, wer Anspruch hat, wie hoch der Pflichtteil ist, wie Sie ihn berechnen und durchsetzen. Mit Praxisbeispielen, Tipps und regionalem Bezug zu Halle (Saale).


1. Einführung: Was bedeutet Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Mindestanspruch für nahe Angehörige.
Er schützt Kinder, Ehepartner und Eltern davor, komplett enterbt zu werden.

  • Art des Anspruchs: Geldzahlung, nicht Herausgabe von Nachlassgegenständen

  • Ziel: Mindestbeteiligung am Erbe

  • Grundlage: §§ 2303 ff. BGB


2. Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil?

Anspruchsberechtigt sind:

  • Kinder und Enkel (Abkömmlinge)

  • Ehegatten und eingetragene Lebenspartner

  • Eltern, wenn keine Abkömmlinge vorhanden sind

Nicht anspruchsberechtigt: Geschwister, Stiefkinder (außer Adoption).


3. Wie hoch ist der Pflichtteil?

3.1 Berechnungsgrundlage

  • Pflichtteil = Hälfte des gesetzlichen Erbteils

  • Abhängig von Verwandtschaftsgrad und Güterstand

3.2 Beispielrechnungen

  • Verstorbener hinterlässt Ehefrau und 2 Kinder → Ehefrau gesetzlich 1/2, Kinder je 1/4. Pflichtteil: Ehefrau 1/4, Kinder je 1/8.

  • Verstorbener hinterlässt nur 1 Kind → Pflichtteil Kind = 1/2 des Nachlasses.


4. Der Auskunftsanspruch

Pflichtteilsberechtigte haben ein Recht auf umfassende Information über den Nachlass:

  • Vollständiges Nachlassverzeichnis (Konten, Immobilien, Wertgegenstände)

  • Schulden des Erblassers

  • Schenkungen der letzten 10 Jahre (Pflichtteilsergänzungsanspruch)


5. Pflichtteilsergänzungsanspruch

Wurden vor dem Tod größere Schenkungen gemacht, können diese den Pflichtteil erhöhen.

  • Gleitende 10-Jahres-Frist

  • Beispiel: Hausübertragung an ein Kind 5 Jahre vor Tod → anteilige Anrechnung.


6. Typische Streitpunkte beim Pflichtteil

  • Unvollständige Nachlassverzeichnisse

  • Streit über Immobilien- oder Unternehmenswerte

  • Bewertung von Schenkungen

  • Verzögerungstaktiken der Erben


7. Vorgehensweise bei der Durchsetzung

7.1 Außergerichtliches Vorgehen

  • Schriftliche Aufforderung an die Erben

  • Fristsetzung (2–4 Wochen)

  • Einholung von Nachweisen (Gutachten, Kontoauszüge)

7.2 Gerichtliches Verfahren

  • Klage auf Auskunft und Zahlung

  • Zuständig: Landgericht (je nach Streitwert), in Halle (Saale): Landgericht Halle, Hansering 13

  • Dauer: Mehrere Monate bis Jahre


8. Verjährung des Pflichtteils

  • Regelmäßig: 3 Jahre ab Ende des Jahres, in dem der Anspruch bekannt wurde (§ 195 BGB)

  • Absolute Verjährung: 30 Jahre nach dem Todesfall

  • Wichtig: Anspruch frühzeitig anmelden, um Beweise zu sichern


9. Praxisbeispiele

Beispiel 1: Enterbter Sohn

Vater setzt neue Ehefrau als Alleinerbin ein. Sohn erhält Pflichtteil in Höhe von 1/8 des Nachlasses. Nachlass: 400.000 €. Pflichtteil: 50.000 €.

Beispiel 2: Schenkung kurz vor Tod

Mutter überträgt Wohnung an Tochter, stirbt 3 Jahre später. Sohn hat Pflichtteilsergänzungsanspruch auf anteiligen Wert der Wohnung.

Beispiel 3: Unternehmensbeteiligung

Streit über den Wert eines Handwerksbetriebs. Gericht ordnet Sachverständigengutachten an. Ergebnis: Pflichtteil deutlich höher als von Erben angegeben.


10. Für Erblasser: Streit vorbeugen

  • Testament klar und eindeutig formulieren

  • Pflichtteilsrechte bedenken (z. B. Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung)

  • Schenkungen rechtlich prüfen lassen

  • Geordnete Vermögensdokumentation führen


11. Lokaler Kontext: Halle (Saale)

  • Pflichtteilsstreitigkeiten landen häufig vor dem Landgericht Halle

  • Typische Konstellationen: Immobilien in Halle, landwirtschaftliche Flächen im Umland, Familienunternehmen

  • Lokale Gutachter und Sachverständige spielen zentrale Rolle


12. Steuerliche Aspekte

  • Pflichtteil ist einkommensteuerpflichtig (sonstige Einkünfte, § 22 Nr. 3 EStG)

  • Erbschaftsteuer fällt ebenfalls an, abhängig von Freibeträgen

  • Doppelbelastung möglich → rechtzeitig steuerliche Beratung einholen


13. Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie hoch ist der Pflichtteil?
Die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.

Bekomme ich auch Gegenstände aus dem Nachlass?
Nein, nur Geldanspruch.

Kann der Pflichtteil entzogen werden?
Nur in seltenen Fällen (z. B. schwere Vergehen gegen den Erblasser).

Wie lange habe ich Zeit, den Pflichtteil einzufordern?
Regelmäßig 3 Jahre ab Kenntnis, maximal 30 Jahre.

Muss ich meinen Anspruch selbst berechnen?
Nein, Sie haben Anspruch auf Auskunft und Wertermittlung.

Kann man auf den Pflichtteil verzichten?
Ja, durch notariellen Vertrag (oft gegen Abfindung).

Wie hoch sind Anwalts- und Gerichtskosten?
Abhängig vom Nachlasswert. Beispiel: Nachlass 300.000 € → Streitwert Pflichtteil 75.000 € → Anwaltskosten ca. 6.000 €.

Was, wenn die Erben nicht zahlen?
Klage auf Auskunft und Zahlung, notfalls Zwangsvollstreckung.


14. Fazit

Der Pflichtteil ist ein starkes Instrument für Enterbte. Doch ohne konsequentes Handeln, Beweissicherung und rechtliche Beratung drohen Verzögerungen und Verluste.
Wer frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, kann seinen Anspruch effizient und erfolgreich durchsetzen.


15. Kontakt

Sie wurden enterbt oder möchten Pflichtteilsansprüche prüfen?
Ich berate Sie in Halle (Saale) individuell und setze Ihre Rechte durch.

Jetzt Kontakt aufnehmen: Kontaktformular oder Telefon: (0345) 51 74 83 9

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